Das ehemalige Gerichtsgefängnis Hannover 1933 - 1945

V: Mahnmal Gerichtsgefängnis
Chronik der Ereignisse

12.08.1984 Die VVN/BdA ruft zu einer Gedenkfeier und Kranzniederlegung am Raschplatz vor der Stadtsparkasse auf, dem ehemaligen Standort des Gerichtsgefängnisses Hannover. Anlaß der Feier: der 40. Jahrestag der Ermordung von Ernst Thälmann.
15.08.1984 In einem Schreiben an den OB, die Fraktionen SPD, CDU, FDP und Gabl/DKP erinnert die VVN/BdA Hannover an den Todestag von Ernst Thälmann und an seine Haft im Gerichtsgefängnis Hannover.
Mit einem Rundschreiben wird die Presse von der geplanten Gedenkfeier und von der im o. g. Schreiben aufgestellten Forderung an die Stadt unterrichtet, eine Straße nach Ernst Thälmann zu benennen. Gedacht ist an eine Umbenennung der Alten Celler Heerstraße. Eine Gedenktafel für Ernst Thälmann soll ebenfalls aufgestellt werden.
18.08.1984 Die Stadt und die Privatfirma, der das Gelände gehört, verweigert die Genehmigung zur Kundgebung auf dem Raschplatz.
Die Gedenkfeier findet trotzdem statt. Trotz der kurzfristigen Ankündigung nehmen etwa 70 Personen an der Veranstaltung teil.
28.08.1984 Antwort von Oberbürgermeister Schmalstieg. Er reicht die Bitte um Anbringung einer Gedenktafel und Umbenennung der Alten Celler Heerstraße an den Stadtbaurat Adrian weiter.
06.11.1984 Post vom Landesvermessungsamt: Es hat eine Beratung über die Vorschläge der VVN/BdA stattgefunden. Die Stadt ist bereit, "an geeigneter Stelle" eine Gedenktafel anzubringen und bittet um baldige Benachrichtigung über den Zeitpunkt der Realisierung des Vorschlags, damit das weitere Procedere abgestimmt werden kann.
Der Vorschlag, die Alte Celler Heerstraße in Ernst-Thälmann-Straße umzubenennen, wird abgelehnt, da Straßenumbenennungen "seit einiger Zeit auf so erheblichen Widerstand (stoßen), daß sie politisch nicht durchsetzbar sind."
19.01.1985 Die VVN/BdA schreibt an das Landesvermessungsamt und greift dessen Bitte auf, den weiteren Verlauf abzustimmen und sich zu melden, sobald der Vorschlag "Gedenktafel" in die Realität umgesetzt werden soll.
1. Halbjahr 1985 Durch die Auseinandersetzung mit den Umständen der Haft von Ernst Thälmann in Hannover tauchten immer neue Fragen auf. Da das Gerichtsgefängnis bisher kein Gegenstand lokalhistorischer Forschung war, ist unklar, welche und wieviele Personen während des Nationalsozialismus dort aus welchen Gründen inhaftiert waren. Da bekannte WiderstandskämpferInnen aus Hannover und Umgebung zu den Häftlingen zählten, entwickelt sich die Idee, nicht allein an Ernst Thälmann, sondern auch an die dort inhaftierten Frauen und Männer des lokalen Widerstandes durch ein "Mahnmal Gerichtsgefängnis" zu erinnern.
Sommmer / Herbst 1985 Auf Anregung der VVN/BdA entsteht ein "Befürworterkreis Mahnmal Gerichtsgefängnis", der einen Aufruf und eine Spendensammlung initiiert. Dem Befürworterkreis schließen sich politisch Verfolgte, WiderstandskämpferInnen, ehemals im Gerichtsgefängnis Inhaftierte, Mitglieder der VVN/BdA, GewerkschafterInnen, SozialdemokratInnen, KommunistInnen, Grüne und Mitglieder der Friedensbewegung an.
H.-J. Breuste wird beauftragt, ein antifaschistisches Mahnmal zu entwerfen.
11.10.1985 Das Baudezernat der Stadt erwartet nun genaue Standortvorschläge und verweist darauf, daß "diese Vorschläge und die Form der Gestaltung der Tafel mit uns abgestimmt sein müssen", damit sie dem Rat und seinen Ausschüssen vorgelegt werden können. Das Baudezernat bittet um Beteiligung an den Vorgesprächen und Ortsbegehungen.
14.10.1985 1. Begehung mit dem Vertreter des Baudezernats, Informationsaustausch über das geplante Mahnmal Gerichtsgefängnis und Diskussion alternativer Aufstellungsorte.
25.10.1985 Brief der VVN/BdA an das Baudezernat. Es wird mitgeteilt, daß nicht eine Gedenktafel, sondern ein Mahnmal an alle im Gerichtsgefängnis Inhaftierten erinnern soll. Die Stadt wird um Zustimmung gebeten, am 16. April, dem 100. Geburtstag Thälmanns, das Mahnmal aufstellen zu können. Die VVN/BdA nennt drei alternative, auf dem Weiße-Kreuz-Platz gelegene Standorte.
19.11.1985 Während einer 2. Begehung in Anwesenheit eines Mitarbeiters des Baudezernats wird ein 4. Standort in Erwägung gezogen, der auf dem ehemaligen Gelände des Gerichtsgefängnisses liegt: der Platz vor dem Südeingang des Raschplatz-Pavillons.
21.01.1986 Die Zusage von seiten der städtischen Behörde für den endgültigen Standort des Mahnmals bleibt aus. Mit einer Presseerklärung geht der Befürworterkreis erneut an die Öffentlichkeit: der von H.-J. Breuste gestaltete Entwurf wird vorgestellt.
07.02.1986 Zwecks Unterstützung wendet sich der Befürworterkreis an den SPD-Unterbezirk Hannover. Es wird um Namensvorschläge gebeten von ehemals im Gerichtsgefängnis inhaftierten Repräsentanten des sozialdemokratischen Widerstandes.
12.02.1986 Stadtbaurat Adrian spricht sich gegen das Mahnmal aus und fordert dazu auf, zu den Plänen (Gedenktafel für Thälmann) zurückzukehren. "Wir können Ihnen gestatten, an einer geeigneten Stelle der Wandfläche der Passerellen-Treppenanlage vor dem Raschplatzpavillon eine Tafel (max. Größe 1 * 1 m) zu installieren."
Ende Februar 1986 Zur Klärung der verschiedenen Positionen findet ein Gespräch zwischen Oberbürgermeister H. Schmalstieg, dem Künstler H.-J. Breuste und F. Maiwald (VVN/BdA) statt. Es wird ein erneutes Zusammentreffen mit Stadtbaurat Adrian vereinbart.
28.02.1986 Informationsveranstaltung des Befürworterkreises zum Thema: "Ernst Thälmann in Hannover" mit Prof. Dr. Wimmer (DDR, Marx-Engels-Institut), H.-J. Breuste.
04.03.1986 Brief von der SPD mit der Bitte um exakte Standortbeschreibung. Nicht nur repräsentative Namen sollen genannt werden, sondern alle ehemals Inhaftierten. Der Befürworterkreis bittet die SPD um eine Liste der inhaftierten Sozialdemokraten.
20.03.1986 Der Stadtbaurat bittet um präzise Darstellung der weiteren Absichten, der zu erwartenden Kosten und wie diese bezahlt werden sollen. Er zeigt Verärgerung darüber, aus Zeitungsmeldungen erfahren zu haben, daß nun eine große Plastik aufgestellt werden soll.
03.04.1986 Die SPD teilt mit: "Uns ist es aber nicht möglich, alle im damaligen Gerichtsgefängnis inhaftierten Sozialdemokraten zu nennen, die später ermordet worden sind. Deshalb wollen wir davon absehen, Sozialdemokraten namentlich auf dem Mahnmal aufzuführen."
03.04.1986 Der Befürworterkreis teilt dem Stadtbauamt mit:
1. Bericht über Vorhaben
2. Vorstellung der Initiative
3. Beschreibung des Breuste-Kunstwerks
4. Standort: Weiße-Kreuz-Platz gegenüber Pavillon
5. Finanzierung erfolgt über Spenden und VVN/BdA
07.04.1986 Der Bezirksrat des Stadtbezirks Mitte tagt. Am unteren Ende der Tagesordnung: das Mahnmal. Der Tagesordnungspunkt kann, neben anderen, nicht behandelt werden.
10.04.1986 Antrag der VVN/BdA auf provisorische Aufstellung des Mahnmals zum 16.04.1986 (100. Geburtstag von Thälmann)
14.04.1986 Ablehnung des Antrages durch den Oberstadtdirektor, weil die Bitte um Genehmigung zu kurzfristig gestellt wurde. Es folgt die Bitte um Übersendung der Statik und die Art der Finanzierung des Mahnmals.
16.04.1986 Antifaschistische Kulturveranstaltung des Befürworterkreises im Pavillon, Aufstellung des Mahnmals (provisorisch) zum 100. Geburtstag Thälmanns
06.05.1986 Der Befürworterkreis teilt dem Stadtbaurat nochmals mit:
1. genaue Standortangabe
2. Beschreibung des Mahnmals
3. Finanzierung
4. Hinweise darauf, daß die Aufstellung sofort erfolgen kann
13.05.1986 Die Bürgerinitiative Umweltschutz (BIU) tritt dem Befürworterkreis bei.
23.05.1986 Die Bürgerinitiative Raschplatz-Pavillon erklärt ihre Solidarität mit der Forderung nach Aufstellung des Mahnmals.
10.06.1986 Stadtdirektor Lehmann-Grube sagt zu: "Wir werden nun eine Entscheidung der zuständigen politischen Gremien über die Aufstellung dieser Plastik herbeiführen. Des weiteren werden wir versuchen, den Lebensweg und das Wirken Ernst Thälmanns ausführlich darzustellen."
11.06.1986 Informations-Brief des Befürworterkreises an alle Mitglieder des Stadtrates und des Bezirksrates Mitte mit der Bitte um Unterstützung für die Aufstellung des Mahnmals.
25.06.1986 Die SPD spricht sich gegen eine besondere Hervorhebung Thälmanns aus.
26.06.1986 Antrag der Gabl/DKP-Gruppe an den Rat der Stadt Hannover: Aufstellung des Mahnmals. Nach Gegenreden von Richta (SPD) und Taeglichsbeck (FDP) wird der Antrag in die Ausschüsse verwiesen.
03.07.1986 Gespräch zwischen Oberstadtdirektor Lehmann-Grube, Kulturdezernent Bungenstab, Maiwald (VVN/BdA), Lauenroth (VVN/BdA) und Breuste: Die Nennung von E. Thälmann bleibt umstritten.
06.08.1986 Bürgermeister König (CDU) schreibt in einem Brief an die Fraktionen, daß auf dem Mahnmal Widerstandskämpfer namentlich nicht genannt werden sollen. Dem Antragsteller geht es "nicht um eine Ehrung der Opfer und Verfolgten des Dritten Reiches, sondern um durchsichtige propagandistische Manöver."
22.09.1986 Informations- und Diskussionsveranstaltung des Befürworterkreises. "Ist die Nennung Thälmanns auf dem 'Mahnmal Gerichtsgefängnis' gerechtfertigt?"
27.02.1987 Die Geschichtswerkstatt Hannover und der Befürworterkreis veranstalten ein Forumsgespräch zum Mahnmal Gerichtsgefängnis, mit:
Herta Dürrbeck, Annette Kuhn, H.-J. Breuste, Pierre Kaldor, Werner Brenneisen, Ludwig List.
03.03.1987 Schreiben des Befürworterkreises an SPD-Unterbezirk Hannover mit erneuter Bitte um Unterstützung.
April 1987 Anläßlich des Ostermarsches wird am vorgeschlagenen Standort des Mahnmals eine Informationstafel zur Geschichte des Gerichtsgefängnisses aufgestellt.
Mai 1987 In einem Antrag an den SPD-Unterbezirksparteitag fordert der SPD-Ortsverein Oststadt/Zoo die sofortige Aufstellung des Mahnmals.
23./24.05.1987 Der oben genannte Antrag muß aus Zeitmangel an den SPD-Unterbezirksvorstand delegiert werden. Dort wird er wenig später angenommen.
2. Halbjahr 1987 Es finden verschiedene Gespräche zwischen dem SPD-Ortsverein Oststadt/Zoo und dem Befürworterkreis über Möglichkeiten einer Aufstellung des Mahnmals statt.
Dezember 1987 Es folgen Absprachen über die Inschrift des Mahnmals zwischen dem SPD-Unterbezirks-Vorsitzenden W. Jüttner und dem Vorsitzenden der VVN/BdA Lauenroth
11.01.1988 Der SPD-Unterbezirksvorstand beschließt in Anwesenheit von Stadtdirektor Lehmann-Grube, Oberbürgermeister Schmalstieg, Prof. Dr. Obenaus und Vertretern des SPD-Ortsvereins Oststadt/Zoo einen Textvorschlag und spricht sich für die sofortige Aufstellung aus.
18.01.1988 In einem Antwortschreiben an die SPD erklärt der Befürworterkreis seine grundsätzliche Zustimmung und teilt einige Änderungswünsche mit.
19.01.1988 Die Gabl-Fraktion des Bezirksrats-Mitte hält den Textvorschlag der SPD für zu ungenau und zu wenig aussagekräftig.